Die Konferenz ist zu Ende. Vieles hat mich sehr beeindruckt, zum Beispiel die Demo durch die Wolfsburger Innenstadt. Noch mehr berührt hat mich aber eine Äußerung eines jungen Positiven am abendlichen Plenum. Er bedankte sich bei allen Demo-Teilnehmer/innen. „Ich habe mich selber nicht getraut mitzugehen, war aber in Gedanken dabei und habe euch positive Energie geschickt.“ Das machte mir noch mal deutlich, wie schwer ein positives Coming-out ist. So eine Konferenz ist auch dazu da, Mut zu machen und zu sehen, ich bin nicht allein.

Bahnhof Wolfsburg
Die Positiven Begenungen 2012 sind vorbei. Wolfsburg verabschiedet sich als ausrichtende Stadt.

Zu hören, wie andere mit ihrer Infektion umgehen, war auch spannend für Felix (26) aus Braunschweig. Er war zum ersten Mal bei den PoBe und besuchte das „Erzählcafe“, wo Menschen über ihr Leben mit HIV berichteten. „Mich hat die große Bandbreite der Geschichten überrascht: eine junge Frau, die von Geburt an mit dem Virus lebt, ein heterosexueller Mann, ein ehemaliger Drogengebraucher und Menschen mit Migrationshintergrund. Schon krass, welche Diskriminierungen manche erlebt haben und wie heftig die sozialen Hintergründe zum Beispiel bei Sucht sind. Andererseits war es für mich auch beeindruckend, wie die Erzähler es schafften, ihr Leben wieder in die Bahn zu bringen.“

Auch für Franziska (38) aus Hamburg war es die PoBe-Premiere. Sie kam mit ihrer Mutter, die seit vier Jahren positiv ist, und mit ihrer 9-jährigen Tochter. Franziska  wollte mit anderen Angehörigen ins Gespräch kommen. „Den Schreck, als meine Mutter die HIV-Diagnose bekam, konnte ich noch nie besprechen“. Sie wollte auch Ideen, wie sie ihrer Tochter vermitteln kann, dass ihre Oma infiziert ist. „Gestern hat sie mich tatsächlich auch gefragt: ‚Mama, was ist HIV?’ Es war dann gar nicht so schwer, darüber zu reden“, sagt Franziska. Man kann aber auch die Erleichterung an ihr spüren, dass es jetzt endlich raus ist.

Erleichtert und sehr zufrieden zeigte sich auch die Vorbereitungsgruppe mit dem Verlauf der Veranstaltung. „Wir können stolz auf uns sein!“ sagte Michèle Meyer allen beim Abschlussplenum. Überschattet wurde die Veranstaltung allerdings von einem gewaltsamen Angriff gegen zwei schwule Konferenzteilnehmer in der Wolfsburger Innenstadt. Drei junge Männer gingen mit einem Schlagstock auf die beiden los und verletzten sie am Schienbein und Rücken. Freude und Entsetzen können manchmal ganz schön nahe beieinander liegen.

Weitere Folgen von „Bock bloggt“ / Positive Begegnungen 2012:

23.08.: Wissenswertes über Wolfsburg

24.08.: Im Bett mit dem Staatsanwalt

26.08.: Die lauten und die leisen Töne

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Positiver Held der MTV-Generation

Über

Werner Bock

Werner Bock ist Mitarbeiter der Deutschen AIDS-Hilfe. Seit vielen Jahren ist er im Bereich Beratung tätig.

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