Neue Themenwerkstätten am Start
Arbeitsgruppen, in denen Leute aus dem gesamten Bundesgebiet und aus unterschiedlichsten Lebenswelten gemeinsam Projekte zu einem festgelegten Thema entwickeln und umsetzen – ob das funktionieren kann? Als bei der HIV-Selbsthilfekonferenz Positive Begegnungen (PoBe) 2012 in Wolfsburg dieses Konzept vorgestellt wurde, war in so manchem Gesicht noch Skepsis zu sehen. Vor knapp zwei Wochen zog man bei den PoBe in Kassel Bilanz – und die fiel so gut aus, dass an einer Weiterführung der Themenwerkstätten keinerlei Zweifel mehr bestand.
Jede Menge Elan, Begeisterung und Spaß
Mit wie viel Elan, Begeisterung und Spaß über zwei Jahre hinweg gearbeitet wurde, hat die Themenwerkstättler selbst überrascht. Und auch, welch handfeste Resultate sie nun vorzuweisen hatten – vom Buddy-Projekt über die Website wwww.aidsarchive.net zur Archivierung von Dokumenten zur HIV/Aids-Geschichte bis hin zu Handreichungen zu „HIV und Arbeit“ für Beschäftigte und für Arbeitnehmer.
Damit eine Themenwerkstatt ausreichend Potenzial zur Entwicklung und Umsetzung von Ideen hat, ist ein Minimum an Women- und Menpower notwendig. Mindestens 15 Interessierte müssen sich bis spätestens 5. Oktober 2014 für eine Werkstatt anmelden, damit sie in Betrieb gehen kann. Wer mit dabei ist, wird dann regelmäßig über alle Aktivitäten und die etwa halbjährlich geplanten Treffen seiner oder ihrer Werkstatt informiert. Die Anmeldung ist formlos per E-Mail unter Angabe des Werkstatt-Titels an heike.gronski@dah.aidshilfe.de zu richten.
Anmeldung per E-Mail bis spätestens 5. Oktober 2014
Und das sind die neuen Themenwerkstätten:
Vielfalt als Baustelle
Menschen mit HIV sind keine einheitliche Gruppe, aber uns einen Ziele wie etwa ein diskriminierungsfreies Leben mit HIV oder eine gute gesundheitliche Versorgung. Um unsere Interessen gemeinsam vertreten zu können, brauchen wir eine gemeinsame Sprache, die trotz unterschiedlicher Lebenswelten, Lebensrealitäten, kultureller Hintergründe und sexueller Orientierungen verstanden und akzeptiert wird, auch über Generationen hinweg. Kann das gelingen? Können wir unsere Vielfältigkeit nutzen? Wo liegen die Grenzen, wo unterscheiden sich die Ziele, vielleicht auch die Herangehensweisen? Zu diesen Fragen wollen wir in dieser Themenwerkstatt diskutieren und arbeiten.
Abbau von Diskriminierung im Gesundheitswesen und Altenhilfesystem
Bereits in den vergangenen zwei Jahren hat sich je eine Themenwerkstatt mit dem Abbau von Diskriminierung im Gesundheitswesen und in der Altenhilfe beschäftigt. Es wurden Curricula für die Schulung von Pflegepersonal unter Beteiligung von Menschen mit HIV erarbeitet, Leitfragen zur persönlichen Auseinandersetzung mit dem eigenen Leben im Alter erstellt, Schulungskonzepte diskutiert und gemeinsam mit der „Kontaktstelle zu HIV-bedingter Diskriminierung“ und weiteren Akteuren Strategien gegen Diskriminierung entwickelt. In einem nächsten Schritt wollen wir uns mit kultursensibler Pflege beschäftigen und nach Wegen für die Sicherung einer diskriminierungsfreien Versorgung von Menschen mit HIV suchen.
Kriminalisierung
Das Strafrecht bürdet Menschen mit HIV die alleinige Verantwortung für den Infektionsschutz auf. Das widerspricht der zentralen Präventionsbotschaft, dass jeder selbst für seinen Schutz sorgen muss. Wie jede Form der Diskriminierung macht auch die Strafbarkeit der (potenziellen) HIV-Übertragung Angst. Und sie schreckt davon ab, sich auf HIV testen zu lassen; wer aber nichts von seiner Infektion weiß, kann auch nicht rechtzeitig die Behandlungsmöglichkeiten nutzen. In dieser Themenwerkstatt wollen wir Strategien entwickeln, wie wir der Kriminalisierung der HIV-Übertragung und HIV-Exposition begegnen können.
HIV und Psyche
Diese Themenwerkstatt will Menschen mit HIV die Bedeutung psychischen Wohlbefindens stärker bewusst machen. Dabei wird es unter anderem um folgende Fragen gehen: Welche psychischen Probleme und Krisen werden durch die HIV-Infektion ausgelöst oder verstärkt? Welche Angebote gibt es zur Stärkung der Psyche wie auch zur Unterstützung in psychischen Krisen, welche werden noch gebraucht? Wie kann man Menschen mit HIV für ihre psychische Verfassung sensibilisieren und bei Bedarf dazu ermutigen, frühzeitig Unterstützung zu suchen? Was wird gebraucht, um Depressionen frühzeitig zu erkennen und Suizide zu verhindern?
Kollektive politische Aktionen – Wie bleibt Bewegung eine Bewegung?
Die Positivenbewegung hat in den vergangenen 30 Jahren durch viele mutige, unangepasste Menschen auf verschiedenen Ebenen gesellschaftlichen Wandel mitbestimmt. Ist diese Ära durch die gute Behandelbarkeit der HIV-Infektion und die dadurch gewonnene Lebenszeit und Lebensqualität vorbei? Müssen unsere gemeinsamen Aktionen nicht mutiger werden, um Selbststigmatisierung abschütteln und lautstark ein diskriminierungsfreies Leben einfordern zu können? In dieser Werkstatt gilt es, kollektive Aktionen zu entwickeln, mit denen wir auf gesellschaftliche Missstände rund um das Leben mit HIV aufmerksam machen und Prozesse zum Abbau von Stigmatisierung und Diskriminierung in Gang setzen wollen.
Axel Schock
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