ParagrafenzeichenAm Sonntag beginnt die 20. Internationale Aids-Konferenz im australischen Melbourne. Eines der Themen: die Kriminalisierung der (möglichen) HIV-Übertragung.

Die Welt-Gesundheits-Organisation (WHO) hat im Vorfeld der Konferenz erneut darauf hingewiesen, dass Kriminalisierung der HIV-Prävention schadet. Und auch das heute beginnende erste „Outrage HIV Justice Film Festival zeigt in den nächsten drei Tagen Filme zu verschiedenen Aspekten der HIV-Kriminalisierung.

Für die Redaktion war dies Anlass genug, sich während der Konferenztage erneut intensiv in einem Dossier mit dem Thema zu beschäftigen (siehe frühere Dossiers). Sie hat dafür den Filmemacher und Aktivisten Nicholas Feustel gewinnen können, dem wir an dieser Stelle herzlich danken.

Im Mittelpunkt dieses Dossiers steht der „internationalen Blick“.

Den Anfang machen wir heute mit einem etwa dreiminütigen Video (Englisch mit deutschen Untertiteln), in dem kanadische und US-amerikanische Experten über die Auswirkungen der HIV-Kriminalisierung auf das Gesundheitswesen sprechen.

Es handelt sich um den Trailer zur Videodokumentation „More HARM Than GOOD – How the overly broad use of HIV criminalisation is hurting public health“ des HIV Justice Network, die gleichnamige Konferenz fand im April 2013 statt.

Zu Wort kommen lassen wir aber nicht nur Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, sondern auch Menschen, die erfahren mussten, welche Folgen die Kriminalisierung von HIV mit sich bringt.

In Kanada und vielen Staaten der USA ist die Nichtoffenlegung der HIV-Infektion vor sexuellen Handlungen eine Straftat an sich. Wie dies ein ganzes Leben radikal verändern kann, hat der US-Amerikaner Robert Suttle am eigenen Leib erfahren. Seine Geschichte erzählen wir am nächsten Dienstag („Ich bin sicher, dass ich es ihm gesagt hatte“).

Doch auch die vermeintlichen Opfer leiden unter der Kriminalisierung, wie das Beispiel der Neuseeländerin Marama Pala eindrücklich zeigt. Ihre Geschichte („Das geht auch anders“), die wir am Samstag veröffentlichen: Von Polizei und Justiz unter Druck gesetzt, zeigt Pala den Mann an, bei dem sie sich mit HIV infiziert hat. Dass es bei diesem Prozess weniger um sie als um ein krudes Rechtsverständnis geht, wird ihr alsbald schmerzhaft bewusst.

All dies führt unter anderem dazu, dass sich viele Menschen mit und ohne HIV nicht mehr trauen, offen und ehrlich mit Ärzten oder Beratern über ihr Sexualverhalten zu reden, weil ihre Patientenakten vor Gericht gegen sie verwendet werden können. Die negativen Auswirkungen auf die HIV-Prävention sind offensichtlich.

Doch wie geht das Rechtssystem damit um? In England und Wales hat die Königliche Staatsanwaltschaft immerhin Richtlinien zum Umgang mit solchen Fällen veröffentlicht, um mögliche Schäden zu minimieren – Yusef Azad vom britischen National AIDS Trust berichtet darüber in einem Interview, das wir am nächsten Donnerstag veröffentlichen.

Wenn die Anwendung des Strafrechts auf (potenzielle) HIV-Übertragungen aber nicht das richtige Mittel ist, welche Wege gibt es dann? Dieser Frage stellt sich der Jurist und Aids-Aktivist Bernd Aretz, der auch Mitglied im Nationalen Aids-Beirat ist, in seinem Beitrag „Vermitteln statt bestrafen – Das Prinzip des Täter-Opfer-Ausgleichs“ (Veröffentlichung am 26.7.)

Wir danken allen unseren Gesprächspartnern und Autoren. Unser besonderer Dank gilt Marama Pala und Robert Suttle für ihr Vertrauen und ihre Offenheit.

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