Torsten Nobir, der eigentlich anders heißt, verbringt viel Zeit auf Dating-Apps. Dort begegnen ihm immer wieder Männer, die ihre wahre Identität verheimlichen und andere verarschen. Für diesen Text hat er versucht, sich in einen solchen Faker hineinzuversetzen.

Ich bin einer von denen, vor deren Tür du stehst, und deren Namen auf dem Klingelbrett du nicht findest. Nicht finden kannst. Den Namen, den du suchst, gibt es dort nicht. Du versuchst, mich nochmal per Messenger zu erreichen, rufst mich an, aber: Keine Chance. Du hast dich umsonst auf den Weg zu mir gemacht! 

Ich bin auch einer von den heißen Typen, die eigentlich weit außerhalb deiner Reichweite liegen, und die dich trotzdem allenthalben mal anschreiben. Du fühlst dich gerührt, kannst es kurz nicht glauben und fragst dich: “Bekomme ich doch mal einen aus der obersten Liga ab?” Nein, keine Sorge, die Welt dreht sich weiter in ihren gewohnten Bahnen: Es handelt sich nur um mich. Das ist bloß ein billiges Foto aus dem Netz, ein 2000er-Jahre-Belami-Darsteller. 

Wärst du bei klarem Verstand, hättest du das sicher sofort durchschaut, du bist aber geil und auf der Suche nach einem, der auf dich steht und auf den du im besten Fall auch irgendwie stehst. Ich bin auch der ohne Profilfoto, mit dem du schreibst, der mit seinem Profilnamen „SuckMeNow“, 31 Jahre alt, ganz anziehend wirkt. Und das ist schließlich auch der, der dir nach einem kurz aufflammenden, anturnenden Gespräch, bei dem du den fetten Schwanz schon regelrecht schmeckst, ohne jede Vorwarnung und genauso plötzlich nicht mehr antwortet. 

Foto: Florian Hetz

Du weißt nicht, wem du deine netten Fotos geschickt hast und vor allem wirst du den erhofften Schwanz zumindest nicht als Konsequenz aus unserem Chat blasen. Ob es mich geil macht, die Typen, die an der falschen Klingel klingeln, zu beobachten? Oder reicht mir allein die Vorstellung, dass sich jemand nutzlos auf den Weg macht? Vielleicht sind es auch die Pics, an die ich so herankomme. Von den arroganten Jungs, die sonst nicht mal mein Profil besuchen würden. Womöglich bin ich auch selber ein ziemlich geiler Typ, jung und athletisch, allen Standards entsprechend. Und ich hole mir zu deiner aus Geilheit stammenden Naivität einen runter. 

Faker erzeugen auf jeden Fall ganz schön viel Ärger, wie die Leute immer ausrasten. Ich persönlich würde mich nie auf so einen langen Wege machen, wenn ich mir nicht hundert Prozent sicher bin, dass der Typ ist, wer er ist. Wobei ich auch schon gefoppt wurde; wenns um Sex geht, wird man leichtgläubiger. Dabei kann man das Online-Spiel mit den Profilen und Identitäten echt empfehlen. 

Man muss ja, wenn man die Leute so richtig verarschen will, schon ein bisschen Mühe geben: die Bildersuche etwa, wenn man da so ein Belami-Foto nimmt, das geht bei vielen bestimmt durch. Aber besser ist es, bei Insta zu suchen, nach echten Männern. Gut ist, einen Heterotypen zu nehmen, das geht auch über Facebook-Suche – einfach einen männlichen Vornamen eingeben und schauen, was so kommt. 

Der Grund dafür: da gehen die Leute auf Romeo richtig drauf an, nach dem Motto „Endlich so einer bei uns!“ Bei einem “SuckMeNow”-Profil braucht man den Terz natürlich nicht. Aber man kann sich auch etwas Mühe geben und einen authentischen Profiltext schreiben. Natürlich ärgert man damit Leute, aber ich würde mal sagen, es gibt schlimmeres, als daran Gefallen zu finden, Faker zu sein!

Zurück

Die Grande Dame der Aidshilfe-Anfänge

Weiter

Darkroom-Charaktere: Der Hinhalter

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

28 + = 32

Das könnte dich auch interessieren