Am Freitag, dem 21. Juli, wird wieder der Internationale Gedenktag für verstorbene Drogengebraucher_innen begangen.

2016 starben in Deutschland 1.333 Menschen an den Folgen ihres Drogenkonsums, 9 % mehr als im Jahr zuvor. Damit ist die Zahl der Drogentoten ein viertes Mal in Folge gestiegen. Auch in anderen Ländern steigt die Zahl der drogenbedingten Todesfälle kontinuierlich an.

Dies beklagen Interessenvertretungen und Verbände wie die Bundesarbeitsgemeinschaft der Eltern und Angehörigen für akzeptierende Drogenarbeit, der JES Bundesverband (Junkies, Ehemalige, Substituierte), die Deutsche AIDS-Hilfe (DAH), der Bundesverband für akzeptierende Drogenarbeit und humane Drogenpolitik akzept e. V. und die Deutsche Gesellschaft für Suchtmedizin (DGS) anlässlich des Gedenktages.

Sie sind überzeugt: Viele Todesfälle wären vermeidbar – durch eine Drogenpolitik, die statt auf Repression auf Maßnahmen setzt, die das Überleben von Drogenkonsument_innen sichern und die Risiken des Konsums mindern. Dazu gehören unter anderem die flächendeckende Einführung von Drogenkonsumräumen, Drug-Checking-Angebote, die Ausgabe des Notfallmedikaments Naloxon und die Stärkung der Substitutionstherapie.

Menschenrechte auch für Drogengebraucher_innen!

2017 steht der Gedenktag für verstorbene Drogengebraucher_innen unter dem Motto „Menschenrechte auch für Drogengebraucher_innen!“. Diese würden in vielen Ländern massiv verletzt, so die Initiator_innen.

Auf den Philippinen werden derzeit tausende Drogengebraucher_innen im staatlichen Auftrag außergerichtlich hingerichtet beziehungsweise brutal ermordet. In Indonesien, dem Iran, Saudi-Arabien und anderen Ländern wird bei Drogendelikten noch immer die Todesstrafe vollstreckt. Auch in Russland werden die Menschenrechte missachtet und Drogenkonsument_innen beispielsweise in Massenunterbringungen verwahrt und zum kalten Entzug gezwungen.

Über 70 Veranstaltungen zum Gedenktag

Auch auf diese Missstände will der Internationale Gedenktag aufmerksam machen. In vielen Städten und Gemeinden Deutschlands und weltweit finden dazu Mahnwachen, Demonstrationen, Gottesdienste, Diskussionsrunden und andere Aktionen statt; allein in Deutschland gibt es über 70 Veranstaltungen.

Hier eine Auswahl:

Augsburg: Im Evangelischen Forum Annahof (Annahof 4) informiert ab 11 Uhr ein Stand zu den Themen Drogengebrauch, Abhängigkeit und Prävention. Von 12 bis 13 Uhr findet am Königsplatz (Beginn Annastraße) eine Kundgebung statt. Anschließend werden über eine Menschenkette Gedenksteine in den Annahof getragen. Um 16 Uhr folgt eine Andacht in der Kirche St. Anna.

Berlin: Mit einer Veranstaltung um 13 Uhr am U-Bahnhof Kottbusser Tor gedenken die Berliner Aids-Hilfe, JES Berlin, der JES Bundesverband, die Drogenhilfe-Einrichtung Fixpunkt und die Deutsche AIDS-Hilfe den 167 Berliner Drogengebraucher_innen und 1.333 Drogengebraucher_innen bundesweit, die 2016 verstorben sind. Unterstützt von Amnesty International, den Grünen, Künstler_innen und solidarischen Menschen wird dabei mit Musik, Kunst und Diskussionen auch gegen die deutsche und internationale Drogenpolitik protestiert.

Essen: Die Aidshilfe Essen, die Suchthilfe direkt Essen gGmbH, Bella Donna Essen und der CVJM Essen e.V. begehen den Gedenktag mit einer Vielzahl von Aktionen. In den einzelnen Einrichtungen sind verschiedene Selbsthilfeangebote und Gedenkrituale geplant. Darüber hinaus findet um 11 Uhr in der Anbetungskirche (am Dom, Kettwinger Straße) eine Andacht statt, im Anschluss wird man sich auf dem Burgplatz versammeln und in einer Gedenkminute schwarze Luftballons als Zeichen der Trauer und bunte Ballons als Zeichen der Hoffnung auf Veränderung in den Himmel steigen lassen. Weitere Infos bei der Aidshilfe Essen und Bella Donna Essen.

Gelsenkirchen: Ab 12 Uhr findet auf dem Neustadtplatz (Bochumer Straße) eine Gedenkveranstaltung des Vereins Arzt Mobil und des Caritasverbandes Gelsenkirchen statt.

Hamburg: Von 10 bis 16 Uhr wird am Steintorplatz vor dem Museum für Kunst und Gewerbe eine Mahnwache stattfinden, an der sich unter anderem die Hamburgische Landesstelle für Suchtfragen e. V. mit einem Redebeitrag beteiligt. Eine ihrer Forderungen: „neue Wege in der Lebensrettung von Drogenabhängigen auszuprobieren und die Möglichkeiten einer kontrollierten Abgabe und Anwendung des Notfallmedikamentes Naloxon durch geschulte medizinische Laien zu überprüfen“.

Jena: Mit Infoständen, Reden und einer Andacht wird ab 11:30 Uhr zwischen Pulverturm und Johannistor der Gedenktag begangen.

Köln: Auf dem Neumarkt kommen von 11 bis 13 Uhr Vertreter_innen der Kölner Sucht- und Selbsthilfe sowie verschiedener Abteilungen der Stadt zusammen, um unter dem Motto „Menschenrechte und Menschenwürde für Drogenabhängige“ gemeinsam auf ihre jeweiligen Angebote hinzuweisen und den Ausbau niedrigschwelliger Hilfe einzufordern.

Köln-Kalk: Der Drogenselbsthilfeverein VISION e. V. lädt von 14 bis 18 Uhr zu Livemusik und Aktionen an der Gedenkstätte für die verstorbenen Drogengebraucher_innen ein. Das Grußwort spricht Bezirksbürgermeister Marco Pagano. Es besteht die Möglichkeit, Schiefertafeln zum Gedenken zu beschriften und der Erinnerungsstätte abzulegen.

Leipzig: Das Bündnis I.G.edenkstein (Drug Scouts, Alternative 1, Drahtseil und Streetwork-Team Nord) lädt ab 17 Uhr zur Gedenkveranstaltung mit Andacht in den Stadtteilpark Rabet (Kleines Amphitheater).

Leutkirch: Der Betroffenen-Elternkreis, Mitglieder des Leutkircher Jugendhauses und die evangelische Kirchengemeinde veranstalten gemeinsam um 19 Uhr eine Gedenkfeier in der Galluskapelle auf dem Winterberg.

Mettmann/Wülfrath: Die Caritas-Suchthilfe (Nordstraße 2a, Wülfrath) lädt Drogengebraucher_innen und ihre An- und Zugehörigen von 10 bis 12 Uhr zu einem Trauercafé ein. Auf dem Jubiläumsplatz in Mettmann stehen von 13 bis 15 Uhr Mitarbeiter_innen der Suchthilfe und der Wohnungslosenhilfe für Gespräche und erste Informationen zu Hilfsangeboten zur Verfügung.

Münster: Auf dem Bremer Platz (hinter dem Hauptbahnhof) findet von 13 bis 20 Uhr eine Kundgebung statt.

Osnabrück: Um 17 Uhr gibt es einen Gottesdienst in der Gertrudenkirche, im Anschluss wird der Verstorbenen am Gedenkstein gedacht. Um 18 Uhr folgt ein ebenfalls vom Drogenhilfenetzwerk Osnabrück organisiertes Konzert im Café Kommunitas (Gertrudenring 12) mit dem „Abseits?!“-Chor und „Freiwilliger Vorruhepunk“.

Peine: Die Lukas-Werk Fachambulanz und die Selbsthilfegruppe JES informieren von 11 bis 14 Uhr mit einem gemeinsamen Stand vor der St.-Jakobi-Kirche in der Fußgängerzone (Breite Straße) über die Situation und die Probleme von Drogenkonsument_innen.

Stuttgart: Um 12 Uhr wird am Karlsplatz wird mit einem Infostand und Redebeiträgen in kulturellem Rahmen über die Situation Drogen gebrauchender Menschen in Stuttgart informiert. Es sprechen Uwe Volkert, Seelsorger für Aids- und drogenkranke Menschen, für das Aktionsbündnis „Gedenktag für verstorbene Drogengebrauchende Stuttgart“, Schirmherr und Sozialbürgermeister Werner Wölfle und Roland Baur, Mitglied im Vorstand des JES Bundesverbands e. V. Ab 13 Uhr findet in der Leonhardskirche (Leonhardsplatz 26) eine stille Andacht statt, im Anschluss wird mit dem Aufstieg schwarzer Luftballons symbolisch der verstorbenen Drogengebraucher_innen gedacht und ein Zeichen für die Lebenden gesetzt.

(ascho/Christina Laußmann)

Weitere Informationen:

Zur Geschichte des Gedenktages: „21. Juli: Gedenken, mahnen, kämpfen“, Kalenderblatt auf magazin.hiv vom 19.7.2013

Zusammenstellung von Beiträgen zu den Themen Drogenpolitik und Leben mit Drogen auf magazin.hiv

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Axel Schock

Axel Schock, freier Autor und Journalist, schreibt seit 2010 Beiträge für aidshilfe.de und magazin.hiv.

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