Im Rahmen der AmPrEP-Studie zur HIV-Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP), an der 376 schwule Männer und trans* Frauen teilnehmen, wurden bei HIV-negativen Männern, die Sex mit Männern haben (MSM), untypisch hohe Hepatitis-C-Zahlen registriert.

Bei der Eingangsuntersuchung waren bei 4,8 % der MSM (14 Teilnehmer) eine akute oder ausgeheilte Hepatitis-C-Infektion (HCV) festgestellt worden. Zum Vergleich: In Studien der Amsterdamer STI-Klinik lag die durchschnittliche HCV-Prävalenz bei HIV-negativen Männern, die Sex mit Männern haben, bei 0,3 bis 1,2 % – ohne dass es bisher Anzeichen für einen Anstieg gab.

Zwei Drittel der HCV-infizierten Teilnehmer hätten bis dahin nichts von ihrer Infektion gewusst, so Maria Prins von der AmPrEP-Studie, die die Ergebnisse im Februar auf der HepHIV-Konferenz in Malta vorstellte. Die HCV-positiven MSM seien im Durchschnitt jünger gewesen, hätten in der Vergangenheit häufigere Partnerwechsel gehabt, seien häufiger Chemsex-User gewesen und hätten häufiger Drogen intravenös konsumiert, zudem hätten sie häufiger schon andere Geschlechtskrankheiten gehabt, so Prins auf Nachfrage aus dem Publikum – alles Faktoren, die die höhere Hepatitis-C-Prävalenz erklären könnten.

Allerdings wurde im weiteren Verlauf der Studie auch eine höhere Zahl von Hepatitis-C-Neuinfektionen bei den MSM festgestellt. Während sich von den schwulen Männern, die keine PrEP nehmen, pro Jahr durchschnittlich 0,15 % mit einer Hepatitis C infizieren, sind es bei den PrEP-Usern der Amsterdamer Studie etwa 1 % (einer von Hundert). Die Untersuchung der Virenstämme ergab, dass sich die PrEP-Nutzer wahrscheinlich bei HIV-positiven MSM in Amsterdam mit HCV infiziert haben.

Bislang galt, dass das sexuelle Übertragungsrisiko bei einer Hepatitis C gering ist. Seit der Jahrtausendwende aber werden vermehrt Infektionen bei HIV-positiven Männern, die Sex mit Männern haben, beobachtet. Während sich im Jahr 1990 von den HIV-positiven MSM der europaweiten CASCADE-Kohorte noch 0,3 % neu mit Hepatitis C infiziert hatten, stieg die Zahl bis zum Jahr 2005 auf 1,3 % an, 2015 lag sie schon bei 2,1 %. Das heißt: Einer von 50 HIV-positiven Männern dieser Kohorte infiziert sich derzeit pro Jahr mit Hepatitis C.

Die Hepatitis-C-Prävalenz bei HIV-negativen MSM unterschied sich bisher im Wesentlichen nicht von derjenigen der Allgemeinbevölkerung. „Mit den Daten aus Amsterdam ändert sich die Situation“, sagt Armin Schafberger, Medizinreferent der Deutschen AIDS-Hilfe. „Wenn andere PrEP-Kohorten diese Beobachtung bestätigen, scheint die Hepatitis C auch bei HIV-negativen MSM ein Präventionsthema zu sein – zumindest bei denjenigen, die eine HIV-PrEP einnehmen.“

Was hinter der Entwicklung in der Amsterdamer Studie steckt, gilt noch zu klären. So könnten bei den PrEP-Nutzern Faktoren wie Drogengebrauch, z. B. in Form von Chemsex, sowie häufiger vorkommende Geschlechtskrankheiten dem höheren HCV-Risiko zugrunde liegen. Zu fragen ist auch, ob die Übertragung von Hepatitis C durch Analverkehr eine größere Rolle spielt, als bisher angenommen. Dann wäre es auch möglich, dass die PrEP-Nutzer epidemiologisch als eine Art Brückenpopulation zwischen HIV-positiven MSM (bei denen die HIV-Prävalenz höher ist) und HIV-negativen MSM fungieren.

Bei den bisherigen PREP-Studien beziehungsweise in der medizinischen Betreuung der bisherigen PrEP-Nutzer hatte man der Hepatitis C bislang kaum Aufmerksamkeit geschenkt. So sehen die bisherigen PrEP-Leitlinien zwar einen Hepatitis-B-Test und parallel zu den vierteljährlichen HIV-Tests auch Untersuchungen auf die wichtigsten Geschlechtskrankheiten vor, jedoch keinen Hepatitis-C-Test. „Das könnte sich ändern, wenn diese Entwicklung auch in anderen PrEP-Kohorten beobachtet wird“, sagt Schafberger. „In Zukunft wird man in den PrEP-Studien und -Kohorten genauer auf die Hepatitis-C-Fälle schauen.“

Maria Prins bringt zudem die frühzeitige Hepatitis-C-Behandlung für MSM ins Gespräch. Auf diese Weise ließen sich die Infektionen innerhalb dieser Gruppen eindämmen, so Prins. Dass sich diese Strategie – Hepatitis-C-Behandlung als Prävention – einfach und schnell umsetzen lässt, ist allerdings nicht zuletzt wegen der hohen Kosten für die Hepatitis-C-Medikamente fraglich.

So bleibt zunächst abzuwarten, wie die Fachwelt die AmPrEP-Erkenntnisse auf der am Montag beginnenden Retroviruskonferenz CROI in Seattle weiter diskutieren wird – dort werden voraussichtlich noch weitere Daten aus der Amsterdamer Studie präsentiert.

(ascho/Christina Laußmann)

Quelle/weitere Informationen:

Bericht auf der Website der EATG

Beitrag zur AmPrEP-Studie auf magazin.hiv

Drei Teilnehmer der AmPrEP-Studie berichten über ihre Erfahrungen auf magazin.hiv

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Axel Schock

Axel Schock, freier Autor und Journalist, schreibt seit 2010 Beiträge für aidshilfe.de und magazin.hiv.

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